Ein Brief von Ron Arad
an seine Familie
1987, ein Jahr nach Rons Geiselnahme, erhielt seine Familie sein Photo und den folgenden Brief.
Hallo Ihr alle,
Heute ist Sonntag (bei uns ist wohl Rosh HaShanah),
27. September 1987. Laßt mich zuerst sagen wie sehr ich mich danach sehne,
Euch alle zu sehen (soviel Zeit ist vergangen -- Ich denke es ist schon
ein Jahr -- nicht?). Ich träume ab und zu von Euch, aber ich versuche am
Tage nicht zuviel nachzudenken, um mich nicht zu demoralisieren. Normalerweise
bin ich bei guter Gesundheit und fühle mich in Ordnung. Sie behandeln mich
gut. Meiner Hand geht es langsam besser, aber erst wenn ich zum normalen
Alltag zurückkehre wird es ganz besser werden (wenn G-tt und die Führer
es so wollen). Jeden Tag verbringe ich Stunden dafür zu beten [nach Hause
zurückzukehren], und hoffe daß ihr es auch so tut. Ich weiß daß es schwer
ist, aber versucht alles für mich zu unternehmen.
Ich weiß nicht wie, aber bitte schicke eine
Nachricht zu den Kräften, zu unseren Führern, zur Regierung, zu jedem der
mich hier herausbringen kann. Tue bitte Dein Bestes, da der Libanon kein
Platz des Verweilen ist, und ich wirklich Euch alle sehen möchte -- man
muß nicht in Gefangenschaft sitzen wenn es andere Alternativen gibt. Mit
Hoffnung und guten Vorsätzen kann alles geschafft werden. Nur bitte spiele
nicht mit der Zeit, handle so als hätten wir wenig Zeit! Spreche soviel
wie möglich [zu den Führern, der Öffentlichkeit, den Terroristen], und
gehe, wo immer auch möglich, einen Kompromiß ein. Unser Leben (der Geiseln
auf beiden Seiten) ist in Euren Händen, und wir zählen auf Euch. Ich habe
sehr wenig über Dein Ergehen gehört, jedoch wird eines Tages alles anders
sein.
Tammy, ich möchte Dir sagen, daß ich nun völlig
das Thema verstehe über das wir so oft gesprochen haben, Dein Wille Gefangenen
zu helfen (nicht nur unbedingt Kriegsgefangenen). Du kannst versuchen etwas
für die Gefangenen dieser Organisation zu unternehmen, helfen die Zeit
zu verkürzen, und ihnen helfen ein besseres Leben zu leben (ein bißchen
Essen, ein Gebetsbuch, alles was Du tust ist hilfreich). Du kannst Dir
nicht vorstellen wie wichtig diese kleinen Dinge für einen einsamen Mann
sind, der so weit entfernt ist.
Ich habe die wichtigsten Dinge geschrieben die
ich Euch sagen wollte. Im ganzem bin ich in Ordnung und fühle mich normalerweise
o.k. Sie behandeln mich gut (Ich hoffe Ihr tut es auch). Bitte baue unser
(neues) Haus, hol Dir Rat von Deinem Vater ein. Bitte tue Dein Bestes unsere
Tochter großzuziehen(welches Du wundervoll machst). Bitte unterweise sie
mit den richtigen Werten, sie ist unsere Hoffnung für die Zukunft! Ich
hoffe Euch bald zu sehen. Schaue nur auf das vergangene Jahr zurück, und
Du wirst erkennen, daß nicht viel getan wurde. Versuche bitte mehr zu machen,
zu unser allem Besten. Ich weiß daß das sehr schwer ist, aber bitte sage
es weiter, daß es von uns abhängt, die Hindernisse von Haß, Furcht und
Mißtrauen durch Mitgefühl, Liebe und Gnade zu überwinden.... Und dann wird
alles anders.
Ich bete, daß mit G-ttes Hilfe ich Euch alle
bald alle in diesem Jahr sehen werde. Yom Kippur kommt näher, und ich werde
zusammen mit Euch beten, daß G-tt uns alle segnet. Laßt uns hoffen, daß
er den Führern hilft die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ihr könnt
auch helfen, also versucht es bitte! Ich hoffe, daß Ihr gut auf Euch aufpaßt
und auch die anderen. Verliert nicht die Hoffnung, es wird noch andere,
bessere Tage geben. Mit meiner ganzen Kraft versuche ich nicht aufzugeben.
Ich halte meinen Atem und kreuze meine Finger.
Immer in Liebe, Ron
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